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Walter Linse

Walter Linse

Literatur

  • Mampel, S.: Entführungsfall Dr. Walter Linse: Menschenraub und Justizmord als Mittel des Staatsterrors (1999)
  • Kirsch, B.: Walter Linse 1903-1953-1996 (2007)
  • Bästlein, Klaus: Vom NS-Täter zum Opfer des Stalinismus. Dr. Walter Linse – ein deutscher Jurist im 20. Jahrhundert. (2008)

Der 1903 geborene Rechtsanwalt arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg als Experte für Wirtschaftsrecht in Westberlin bei der Menschenrechtsorganisation Untersuchungsausschuss freiheitlicher Juristen (UfJ). Im Sommer 1952 bereitete er gerade einen Internationalen Juristen-Kongress in Berlin vor, der die vielfältigen Rechtsbrüche in der DDR zum Thema hatte. Kurz davor, am 8. Juli 1952, ließ ihn das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) durch ein Kommando gedungener Krimineller nach Ost-Berlin entführen. In der Nähe seiner Wohnung zerrten ihn die Kidnapper in einen als Taxi getarnten Wagen und schossen ihm ins Bein, um seinen anhaltenden Widerstand zu brechen. Linse kam in das so genannte U-Boot in Berlin-Hohenschönhausen. Der damalige Staatssekretär Erich Mielke bestätigte den am selben Tag erlassenen “Haftbeschluss”.

Die Vernehmungen in der zentralen Untersuchungshaftanstalt des MfS, die häufig in den Nachtstunden stattfanden, dauerten bis Anfang Dezember. Zwei Mithäftlinge betätigten sich als Zellenspitzel, zusätzlich wurde die Zelle abgehört. Ansonsten war Linse von der Außenwelt vollkommen abgeschnitten. Am 3. Dezember 1952 wurde Linse dem sowjetischen Staatssicherheitsdienst übergeben, der ihn in seinem zentralen Untersuchungsgefängnis in Karlshorst monatelang weiter verhörte. Im September 1953 wurde er schließlich von einem russischen Militärgericht in Berlin zum Tode durch Erschießen verurteilt und am 15. Dezember 1953 in Moskau hingerichtet. 1996 rehabilitierten ihn die russischen Behörden, nachdem sie eine Aufklärung des Verbrechens jahrzehntelang verhindert hatten.

2007 wurde bekannt, dass Linse in der Industrie- und Handelskammer Chemnitz von 1938 bis 1942 mit der Überführung jüdischen Eigentums in deutsche Hände befasst war. Aufgefundene Unterlagen legen den Schluss nahe, dass er sich dabei auch für rassisch Verfolgte eingesetzt hat. Eine gründliche Prüfung seiner damaligen Tätigkeit steht noch aus.

Foto: BStU, MfS, GH, Nr. 105/57, Bd. 6