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Lothar Schulz

Lothar Schulz wurde 1950 in Alt Ruppin/Land Brandenburg geboren. 1972 schloss er sein Studium des Thermischen Maschinenbaus an der TU Dresden als Dipl.-Ing. ab und wurde Koordinations-Ingenieur für die Montage/Inbetriebnahme des sowjetischen Kernreaktors WWER-440 in Lubmin/Greifswald. Hoch motiviert und wegen seines fließenden Russischs, schlug man ihn für eine Aspirantur am Energetischen Institut in Moskau vor. Er lehnte jedoch den Eintritt in die SED aus Gewissensgründen ab. Die Aspirantur wurde annulliert.

Nach mehreren Versuchen, beruflich voranzukommen und einem abgelehnten Ausreiseantrag, protestierte er allein am 2. April 1978 im Zentrum von Ost-Berlin mit einem Transparent gegen die SED. Er wurde inmitten einer Menschenmenge festgenommen und danach 26 Stunden, mehr als 40 Stunden schlaflos, vom Staatssicherheitsdienst in Berlin sowie in der Stasi-U-Haft Rostock verhört, wohin man ihn für die nächsten 5 Monate überführt hatte. Da die Aktion in der Westpresse erschien, verdächtigte ihn Stasi-Chef Mielke der staatsfeindlichen Verbindungsaufnahme gegen die DDR mit einer zu erwartenden Haftzeit von sieben bis neun Jahren. Er wurde wegen “Beeinträchtigung staatlicher Tätigkeit“ zu einem Jahr und zehn Monaten Haft verurteilt.

Gegen seinen Willen Ende 1979 nach einer Amnestie in die DDR entlassen, arbeitete er als Hausmeister/Heizer im Stendaler Dom. Ohne es zu bemerken, wurden regelmäßig Gespräche in seiner Wohnung, unter der ein nicht erkannter Stasi-Hauptmann mit seiner Familie lebte, abgehört. Inzwischen hatte Generaloberst Bruno Beater, Stellvertreter von Mielke, ein Veto gegen seine Ausreise in den Westen eingelegt, vermutlich wegen seiner Kenntnisse über die friedliche Nutzung sowjetischer Kerntechnologie.

Nach drei Jahren eines aussichtslos scheinenden Kampfes hörte die Stasi ein Telefonat ab, in dem der ahnungslose Schulz die Planung einer zweiten Transparentaktion größeren Maßstabs gegen die SED im Ostberliner Zentrum ankündigte. Zwei Monate später, am 19. Mai 1981, gestattete ihm die DDR völlig überraschend die offizielle Ausreise in die Bundesrepublik Deutschland. Lothar Schulz arbeitete danach viele Jahre erfolgreich als Internationaler Projektmanager und Berater für die westliche Industrie auf dem Gebiet der Business-/Logistik-Software-Systeme.

Seit Dezember 2015 ist er als Besucherreferent mit fremdsprachlichem Schwerpunkt in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen tätig. Seine Erfahrungen in Ost und West hat er in dem Buch “Sehnsucht nach Freiheit“ beschrieben, worüber er auch Vorträge hält.