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Paul Sigrid 2003 001

Sigrid Paul

Literatur

  • Sigrid Paul, Mauer durchs Herz, Berlin 2007.

Sigrid Paul, Jahrgang 1934, Beruf Fachzahntechnikerin, heiratete 1957 Hartmut Rührdanz und zog zu ihm nach Ost-Berlin. Im Januar 1961 wurde ihr gemeinsamer Sohn Torsten geboren, der schwer erkrankte und auf ärztliche Behandlung und Medikamente aus dem Westteil der Stadt angewiesen war. Nach dem Bau der Mauer im August '61 war das Kind plötzlich davon abgeschnitten. Nach einer lebensbedrohlichen Rückfallerkrankung durfte Torsten schließlich - mit staatlicher Genehmigung - wieder in die West-Berliner Klinik überwiesen werden.

Die Eltern bekamen jedoch nur sehr selten und ganz willkürlich eine Besuchserlaubnis. Mit gefälschten Pässen versuchten sie daraufhin, über Skandinavien aus der DDR zu fliehen. Im Februar 1963 wurde Sigrid Paul auf offener Straße verhaftet. Sie hatte drei Studenten, die sie bei dem Fluchtversuch kennengelernt hatte, bei sich hatte übernachten lassen. Diese hatten vor, durch einen Tunnel an der Brunnenstraße zu flüchten, was an die Stasi verraten worden war.

Verurteilt wegen "Beihilfe zur Republikflucht" musste sie als Strafgefangene als Assistentin des Häftlingszahnarztes Dr. Walter Raue bis August 1964 in der Untersuchungshaftanstalt Berlin-Hohenschönhausen arbeiten. Nach ihrem Freikauf im August 1964 durch die Bundesregierung wurde sie nicht in die Bundesrepublik, sondern in die DDR entlassen. Nach wie vor erhielt sie keine Genehmigung, in den Westen zu reisen. Als ihr Sohn endlich im Sommer 1965 nach Hause zurückkehren konnte, war er fast fünf Jahre alt und siezte seine Mutter. Bis zum Fall der Mauer lebten sie gemeinsam in Ost-Berlin.

Mit Beginn ihres Ruhestandes begann Sigrid Paul Besucher durch das Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen zu führen. Sie empfand keine Rachegefühle, keinen Hass. Aber eine unbeschreiblich große Wut auf all jene, die behaupten, es sei doch alles „gar nicht so schlimm“ gewesen.

Sigrid Paul ist am 18. Juni 2011 verstorben.